Wenn wir von Deutschland aus ins Ausland gehen, ist es eher unwahrscheinlich, dass wir nicht auf eine neue Sprache treffen- es sei denn man startet ein Auslandabenteuer in Österreich, der deutschsprachigen Schweiz oder dem deutschsprachigem Teil von Belgien. Wir kommen also meist nicht darum herum uns mit einer neuen Sprache anzufreunden - und unsere Kinder auch nicht. Wenn es die Möglichkeit dazu gibt sollten wir auch unsere Kinder schon vor dem Umzug auf die neue Sprache vorbereiten. Doch wie umfangreich soll und kann diese Vorbereitung sein? Ist ein Sprachkurs sinnvoll oder too much? - fangen wir doch gleich mal mit Letzterem an:
Sprackurse als Vorbereitung- ab welchem Alter ist das sinnvoll?
Dazu kann man nur sagen: es kommt auf den Sprachkurs an! Wie ist er inhaltlich und methodisch gestaltet?
Dabei gilt der Grundsatz je jünger das Kind desto spielerischer sollte der Kurs aufgebaut sein.
Die Forschung hat herausgefunden, dass Kinder auf jeden Fall bis zum 6.Lebensjahr am Besten lernen durch spielen. Die Kinder erschließen sich die Welt im Grunde spielerisch selbst. Ist etwas vorgegeben, können sie es nicht aufnehmen.
Ich weiß noch, wie ich meiner Tochter Dinge gesagt habe wie „Jetzt musst du mal den Wasserhahn zudrehen, sonst läuft dein Becher über.“ Keine Reaktion. Sie musste es selbst erleben. Musste sehen und fühlen wie der Becher tatsächlich überläuft.
Kinder im Kindergarten - und auch noch im Grundschulalter wollen ihre Welt im wahrsten Sinne des Wortes begreifen. Soweit der Stand der pädagogischen Forschung.
Wer von euch mehr zu diesem Thema erfahren möchte, dem empfehle ich diesen guten Fachartikel „Kinder spielen sich ins Leben“
"In der Schule gilt häufig noch der Grundsatz „Erst lernen, dann gebrauchen!“. Eine Sprache lernt man aber, indem man sie gebraucht."
– Otto Jespersen
Glücklicherweise haben sich die meisten Kindergarten und Grundschulen an den Forschungsergebnissen ausgerichtet, aber im privaten Bildungsbereich gibt es noch Nachholbedarf. Nicht jede Kindersprachschule vermittelt den Spracherwerb spielerisch. Schaut euch daher unbedingt an wie der Unterricht abläuft (eine gratis Probestunde sollte euch ja immer angeboten werden).
Was solltet ihr bei der Auswahl eines Kurses beachten?
Folgendes solltet ihr beachten:
- Werden die Kinder auf allen Kanälen angesprochen? Das heißt: wird gesungen und getanzt? Werden Wörter mit Bewegungen verknüpft? Werden Bewegungsspiele und Interaktionsspiele gemacht? Wird gebastelt? Wird gemalt? Werden Vokabeln begreifbar gemacht?- wird zum Beispiel beim Wort Apfel tatsächlich ein Apfel herumgereicht oder zumindest eine beschreibende Handbewegung oder ein Bild gezeigt?
- Wird die Neugier der Kinder durch Spiele und Rätsel geweckt?
- Liegt der Fokus auf positivem Feedback, also wird gelobt, wenn etwas gut klappt anstatt immer nur darauf hinzuweisen was falsch war? Wird beispielsweise ständig mit den Worten : „No that`s wrong. It is...“ korrigiert, ist das keine motivierende Redewendung. Besser sind Formulierungen wie „Listen again.“ „Think again.“ „Try again.“
- Ist die Dauer des Unterrichts der Altersstufe angemessen? In der Regel reicht bis ca.8 Jahre die Aufmerksamkeitsspanne und Aufnahmefähigkeit für maximal 45min, bei älteren Kindern dann bis 90min
Kurse gibt es schon für Kinder ab 3 Jahren. Ob das für euer Kind in Frage kommt hängt wie immer an eurer Entscheidung. Ihr als Eltern könnt euer Kind am Besten einschätzen und wisst ob euer dreijähriges Kind von einem Kurs profitieren würde oder eher nicht. Hilfreiche Fragen, die ihr euch stellen könnt sind: Mag mein Kind es in der Gruppe zu lernen? Wieviele andere Termine hat mein Kind noch in der Woche? Passt ein Sprachkurs da noch rein oder wird das zu viel?
Für diejenigen unter euch, die keinen „pädagogisch wertvollen“ Sprachkurs wie oben beschrieben in der Nähe haben oder für diejenigen, die beschlossen haben ihr Kind nicht zum Sprachkurs zu schicken, gibt es ja auch noch die Sprachvorbereitung zu Hause.
Ideen für die Sprachvorbereitung zu Hause
Ihr könnt beispielsweise zu Hause:
- In die Rollenspiele (Kaufladen spielen, Puppenspielen, ...) oder in die alltäglichen Tätigkeiten wie einkaufen, kochen, Tisch decken vereinzelte Worte der neuen Sprache mit einfließen lassen und erklären.
- Bilderbücher in der jeweiligen Sprache anschauen und vorlesen. Aus dem französischen kann ich die Reihe von T´choupi empfehlen.
- Kinderlieder mit den dazugehörigen Tänzen,auch Bewegungslieder genannt, in der jeweiligen Sprache anhören und dazu singen und tanzen. Ein Beispiel für ein solches Bewegungslied ist das allseits bekannte, englische „Head, shoulders, knees and toes“
- Von unserer Englischlehrerin bekamen wir außerdem den Tipp „Musik in der fremden Sprache leise im Hintergrund laufen zu lassen, wenn die Kinder malen oder basteln.“ So gelange die fremde Sprache direkt ins Langzeitgedächtnis, erklärte sie uns.
- Angebote von Tiptoi gibt es in verschiedenen Sprachen
- Fernsehserien wie JoNaLu
- Für die ganz kleinen die Youtubereihe von Tutitu in der entsprechenden Sprache
Allerdings sollte man die Kinder zur Vorbereitung nicht nur vor dem Fernseher setzen und auf Lernerfolg hoffen, da sie, wie bereits oben erklärt, sogenannte „Bewegungslerner“ sind. Dennoch ist gegen eine Ergänzung der Vorbereitung durch Filme oder Tiptoi nichts einzuwenden, vor allem dann wenn ihr selbst als Eltern der neuen Sprache auch noch nicht mächtig seid.
Unterstützendes Material von mir
Unterstützende Materialien gibt es auch auf meiner Webseite im Shop. Das Kinderbuch „Der kleine Hase Löwenzahn zieht um“ ist bereits in 4 Sprachen erschienen. Beim Vorlesen lernen die Kinder die Sprachmelodie der neuen Sprache kennen. Mit der Fingerprinttechnik kann man immer neue Tiere kreieren und in der neuen Sprache benennen. Auch mit dem Kartoffeldruck kann man einzelnen Dinge stempeln und in der neuen Sprache benennen. Die kreative und handwerkliche Herangehensweise hilft gerade den jüngeren Kindern die Worte besser- im wahrsten Sinne des Wortes- zu begreifen.
Fazit
Ihr seht, es gibt auch genügend tolle Möglichkeiten, die Kinder zu Hause auf die neue Sprache vorzubereiten. Man muss nicht gezwungenermaßen das Geld in Sprachunterricht investieren. Gerade für die ganz kleinen (1-3 Jahre) ist es durchaus eine bedenkenswerte Alternative die Sprachvorbereitung zu Hause im Alltag nebenbei einfließen zu lassen.
Aber auch für ältere Kinder, die sich beispielsweise in größeren Gruppen von Kindern unwohl fühlen, ist es eine gute Alternative, im geschützten Raum Erstkontakt mit der neuen Sprache zu haben.
Es kommt noch dazu, dass die Kinder nicht immer genau mittwochs um 15:00 Uhr plötzlich Lust auf Fremdsprachenunterricht haben und das Ganze dann den negativen Beigeschmack von Zwang bekommt. Nicht immer eine gute Voraussetzung für entspanntes Lernen.
Andererseits gibt es auch Kinder, die sich gerade durch die Gruppendynamik mehr für etwas begeistern können, als wenn Mama und Papa es ihnen beibringen wollen würden.
Auch die Aussicht darauf mit anderen Gleichaltrigen gemeinsam Lernspiele zu machen anstatt „nur“ mit den eigenen Eltern, kann sich positiv auf die Lernmotivation auswirken.
Am Ende müssen wir Eltern abwägen worauf unser Kind am Besten anspricht. Egal wie die Entscheidung ausfällt- ob Sprachvorbereitung zu Hause oder im Rahmen eines Kurses- beides muss in jedem Fall spielerisch geschehen.
Auch unsere eignen Erwartungshaltung sollten wir herunterschrauben. Kinder lernen zwar viel schneller als wir Erwachsene eine neue Sprache, fließend werden sie diese aber beim Umzug ins neue Heimatland sicherlich auch nicht beherrschen. Wenn die Sprachmelodie der fremden Sprache vertraut geworden ist, die Hemmschwelle in der fremden Sprache zu sprechen herabgesetzt werden konnte und die Fremdsprache generell mit positiven Gefühlen besetzt werden konnte, ist schon viel erreicht. Der Grundstein für einen guten Start aus sprachlicher Sicht ist gelegt. Alles weitere ergibt sich dann in der neuen Heimat.
Am Ende noch der persönliche Teil, unser Beispiel aus der Praxis - nicht ausgezeichnet mit einem Gütesiegel, nicht anwendbar auf alle Familien, aber bei uns passt es so:
So machen wir es
Wir haben uns für eine Kombination aus beidem entschieden:
Da ich mir nicht sicher war, ob ich die Sprachvorbereitung im Alltag so nebenbei hinkriege (und dieser Teil bleibt nun mal größtenteils an mir hängen, weil mein Mann unter der Woche einige 100km weg in Hamburg arbeitet und nur am Wochenende bei uns ist), wollte ich zur Sicherheit einen Kurs dazu haben.
Meine Tochter lernt sowieso besser mit anderen als mit mir.
Bei meinem Sohn bleibt es spannend. Er ist auch angemeldet, aber mag keine großen Gruppen. Da die Gruppe für 3-5 jährige nur 4 TN hat, bleibt die Hoffnung, dass es ihm dennoch gefällt. Er hing jedenfalls beim Kurs der großen Schwester, der einen Monat früher begann, regelmäßig an der Glasscheibe zum Seminarraum. Ob das an den lustigen Spielen lag oder an den 5 minütigen Zeichentrickanimationen am Fernseher, weiß ich nicht genau. Aber Neugierde ist ja bekanntlich die Grundlage für Lernen. Also ist sein Verhalten schon mal als positiv zu werten!
Ergänzend versuche ich zu Hause die englische Sprache in den Alltag einfließen zu lassen, Bücher auf englisch zu lesen, usw. Eben all das, was ich auch schon oben im Artikel aufgelistet habe.
Wirklich fließend englisch sprechen werden meine zwei auch nach 6monatiger Vorbereitung per Kurs und begleitend zu Hause auch nicht. Da mache ich mir keine Illusionen. Aber der Einstieg in die neue Sprache ist gemacht. Der Start im fremden Land wird sich dadurch hoffentlich etwas erleichtern ...und die Lernkurve wird dann hoffentlich gleich steiler nach oben gehen.... und nach 3 Monaten Leben in den USA werden sie sprachlich an mir vorbeiziehen...und sich wundern, warum das bei Mama nicht(mehr) so schnell geht mit dem Lernen und Abspeichern von Neuem...
Das ist zumindest meine Hoffnung. Mal sehen wie es dann im November tatsächlich aussieht. Vielleicht blogge ich ja dann darüber. Ihr dürft also gespannt sein!