Wieviel Fernsehen für Kinder gut ist wurde schon vor Jahrzehnten diskutiert. Mittlerweile hat sich die Diskussion aufgrund der rasanten Entwicklung in der modernen Technik ausgeweitet: Wieviel "Bildschirmzeit" auf dem Fernseher,Computer,Handy, iPad... ist erlaubt? Ab wann sollten Kinder an die neuen Technologien herangeführt werden? Bis hin zu: wie sehr schädigen moderne Medien die Entwicklung von Kindern? Zahlreiche Studien dazu gibt es inzwischen.
Lernen mit allen Sinnen vs. moderne Technik
Generell schließe ich mich dem Tenor der Wissenschaftler an, dass Kinder bis zum Grundschulalter so wenig wie möglich vor einem Bildschirm verbringen sollten und auch noch keinen eigenen PC brauchen. Gerade Kindergartenkinder und Grundschüler lernen durch Bewegung und anfassen. Sie machen sich die Welt begreifbar, im wahrsten Sinne des Wortes. Kein Bildschirm, kein Computerprogramm oder- spiel kann die passende Lernumgebung für diese komplexe Art des Lernens bereitstellen. Wer von euch etwas mehr über das Zusammenspiel von Bewegung und Lernen erfahren möchte dem empfehle ich diesen interessanten Beitrag der Universität Marburg zum Thema lernbegleitende und lernerschließende Funktion von Bewegung bei Kindern.
Mobile Familie und moderne Technik
Aber hier soll es jetzt nicht um das kindliche Lernen gehen. Ich möchte in diesem Blogbeitrag vielmehr den "Spagat zwischen den Welten" zum Thema machen: dieser Versuch, nach einem Umzug neue Freunde in der neuen Heimat zu finden und den Kontakt zu den alten Freunden in der alten Heimat zu halten. Den Focus möchte ich auf Letzteres legen. Und gerade hier finde ich, kann moderne Technik mobile Familien mit Kleinkindern unterstützen. Ja, richtig gelesen: mit KLEINkinder. Genau die, die eigentlich noch möglichst bis zum Schulalter von modernen Geräten ferngehalten werden sollen. Wie schon gesagt, generell richtig, aber das Nischendasein als Expatfamilie bildet hier meines Erachtens eine nicht beachtete Ausnahme.
Als Eltern müssen wir grundsätzlich bei Kleinkindern noch viel unterstützen und begleiten. Das gilt für viele Bereiche, auch für den Bereich "soziale Kontakte"- und für die Pflege von Kontakten über mehrere tausend Kilometer hinweg im Besonderen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet können Handy und Co tatsächlich einen sinnvollen Betrag zu gelungener - will heißen kindgerechter -Kommunikation leisten. Wie ich zu diesem Schluss komme möchte ich wie folgt erklären:
Kontakte in die alte Heimat altersgerecht gestalten
Meine große (8 Jahre alt) muss ich dabei nicht mehr so viel unterstützen. Sie nimmt sich Papier - und Stift und schreibt einen Brief, wenn sie ihre Freundinnen vermisst oder fragt mich, ob sie an meinen PC darf um eine E-mail zu tippen. Mein Kleiner (5 Jahre alt) kann noch nicht schreiben und ist darauf angewiesen, dass ich mich mit ihm hinsetzte und gemeinsam mit ihm ein paar Zeilen schreibe. Manchmal malt er noch ein Bild dazu. Den Brief schicken wir dann mit der Post los. Der braucht dann 10 Tage bis er beim Freund in Übersee ankommt und die Antwort des Freundest lässt ebenfalls lange auf sich warten. Gerade für Kleinkinder mit wenig vorhandenem Zeitgefühl sind diese Zeitspannen unüberschaubar. Schnell stellt sich hier das Prinzip:"aus den Augen aus dem Sinn ein." Das macht es einerseits einfach mit kleineren Kindern umzuziehen, da sie sehr schnell alte durch neue Freunde ersetzen könne, ist aber eher hinderlich, wenn man die Bindung zu alten Freunden aufrecht erhalten möchte.
Mehr moderne Technik mit Kleinkindern wagen
Und hier kann die so häufig verteufelte moderne Technik doch tatsächlich als dienliches Mittel herhalten: Sprachnachrichten oder kleine Videos per WhatsApp werden um einiges schneller zugestellt und können durch Knopfdruck auch von den Kleinen selbst einfach erstellt werden. Auch telefonieren via Facetime oder WhatsApp bekommt eine ganz andere Dimension, wenn nicht nur die Stimme des Gegenübers gehört wird, sondern man das Gesicht dazu sieht und der Opa oder die Oma aktiv in die Lebenswelt mit einbezogen werden können.
Wir vergessen oft, dass Kleinkindern der ausreichende Wortschatz für ein detailliertes Gespräch fehlt. Kleinkinder zeigen und deuten noch viel, was am analogen Telefon zur Kommunikationsbarriere wird. Bildtelefonie ermöglicht es den Kindern kindgerecht zu interagieren: den Großeltern das gebaute im Kinderzimmer zeigen, etwas vortanzen, das neue Stofftier oder das gemalte Bild in die Kamera halten. Die moderne Technik ermöglicht nicht Lernen mit allen Sinnen, aber dafür kommunizieren mit fast allen Sinnen (Geruchs- und Tastsinn fehlen leider- das gibt es nur in einem persönlichen Gespräch am gleichen Ort). Wir sollten unserem Kleinkind daher durchaus mal ein Handy in die Hand drücken. Aus dem Blickwinkel einer mobilen Familie, die Kontakte über tausende Kilometer Entfernung pflegen möchte, ergibt das nämlich durchaus Sinn.